Programmhinweis

Wolfgang Amadeus Mozart

Die Zauberflöte
Große Oper in zwei Aufzügen

Sarastro: Martin Summer
Tamino: Kai Kluge
Königin der Nacht: Nicole Wacker
Pamina: Elena Harsanyi
Papagena & Erste Dame: Bettina Simon
Zweite Dame: Katya Semenisty
Dritte Dame: Julia Pfänder
Papageno: Thomas E. Bauer
Erzähler: Stefan Wilkening

 

Hofkapelle München
Münchner Knabenchor

Leitung: Rüdiger Lotter

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Konzertdauer: 90 Min. I Pause I 90 Min.

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Wien, 28. September 1791: Am Theater an der Wieden steckt man mitten in den Vorbereitungen einer neuen Premiere. Schikaneders „Zauberflöte“ soll in zwei Tagen erstmals über die Bühne gehen, die Hektik ist groß an Schikaneders legendenumwobenen Vorstadttheater. Für heute ist die Hauptprobe der „Zauberflöte“ angesetzt: Henneberg, der Kapellmeister, glaubt nicht mehr daran, dass Mozarts Musik bis zur Premiere der neuen Oper fertig geprobt sein kann, denn die Noten zur Ouvertüre und zum Priestermarsch sind erst heute per Eilboten eingetroffen. Und weil Mozart die Monostatos-Szenen noch nicht zu Ende instrumentiert hat, können diese ebenfalls nicht geprobt werden, das Gleiche gilt für die Chöre. Außerdem sind die Geharnischten erkrankt – und wo um alles in der Welt sind eigentlich die Priester? Aber Henneberg wäre nicht Henneberg, hätte er nicht schon einen Plan B: zur Sicherheit hat er schon mal die Noten zur Ouvertüre vom „Stein der Weisen“ aufs Pult legen lassen – die Oper ist erst ein Jahr alt und noch im Repertoire, außerdem hat er selbst daran mitkomponiert. Aber jetzt ist natürlichb dieser Mozart Schikaneders neuer Liebling und darf gleich die ganze „Zauberflöte“ allein schreiben! Hat sich über den „Stein der Weisen“ eingeschlichen in die Truppe, furchtbar artig getan, hier geholfen, da unterstützt, mitkomponiert. Und jetzt? Klaut dieser Flegel ihm einfach das Anfangsthema aus seiner Overtüre und lässt Freund Schack alias Tamino auch noch „zu Hilfe, zu Hilfe, sonst bin ich verloren“ drauf singen, was für ein subtiler Affront! „Ich brauch Deine Hilfe nicht, Mozart, aber Du brauchst meine!“ Henneberg hebt den Taktstock. Die Musik beginnt…

So oder so ähnlich stellt sich Rüdiger Lotter, der Dirigent des heutigen Abends, die dramatischen Probentage vor der Uraufführung der „Zauberflöte“ am 30. September 1791 vor. Die Fassung, die Lotter (mit Unterstützung bei der Bearbeitung des Librettos durch den Theaterwissenschaftler Dr. Stefan Frey) entworfen hat, imaginiert die Hauptprobe zwei Tage vor der Uraufführung im Theater auf der Wieden. Und so beginnt diese tatsächlich mit der Ouvertüre zu „Der Stein der Weisen“, einer Oper, die im September 1790 am Theater auf der Wieden herausgekommen war.
Die gesamte phantasievolle, kreative Truppe von Theaterpraktikern rund um den Tausendsassa Schikaneder, die den „Stein der Weisen“ schrieben, waren später auch an der Entstehung respektive Aufführung der „Zauberflöte“ beteiligt. Schikaneder, selbst Librettist und einer der Komponisten des „Stein der Weisen“, war zugleich Mozarts Librettist für die „Zauberflöte“, in deren Uraufführung er den Papageno übernahm. Rüdiger Lotter ist überzeugt, dass die Auseinandersetzung mit dem „Stein der Weisen“ und eine Betrachtung der Historie im Kontext des künstlerisch ebenso lebendigen wie praxisorientierten Theaterbetriebs auf der Wieden den Blick auf die „Zauberflöte“ verändern.

Mozart und sein Textdichter Emanuel Schikaneder schufen mit der „Zauberflöte“ so ganz nebenbei und dabei zweifellos ganz bewusst ein musikalisches Denkmal des intellektuellen Freimaurertums. Schikaneder gehörte derselben Wiener Loge an wie der Komponist. Die gemeinsame geistige Überzeugung hinterließ ihre Spuren in der Oper – auch in Schikaneders Wortwahl: Da finden die nach Einweihung Strebenden erst nach dem großen Aufnahmezeremoniell der Prüfungen Eintritt in Sarastros Weisheitstempel. Dort hallt nicht nur das humanistische Echo der Aufklärung nach, sondern der Tempel ist auch wie die Freimaurerlogen von einer festen hierarchischen Ordnung geprägt, einer Ordnung, die Mozart selbst als Mitglied in Wiener Logen durchlebt hatte. Die Zeremonien der Aufnahmeprüfungen mit Feuer- und Wasserproben fanden ebenso wie die Tugend- und Standhaftigkeitslehren, die Mozart selbst empfangen hatte, ihren Platz in der „Zauberflöte“.

Mozarts Musik verdankt ihre einzigartige Stellung in der Musikgeschichte einer natürlichen Ganzheitlichkeit des Denkens, jener absoluten Reinheit des Geistes, die der Komponist Hans-Werner Henze wie folgt umschrieben hat: „Der herabgestiegene Gott. Apollo. Hier ist die Reinheit, das Geglückte. Hier ist die reine Begeisterung des Geistes, die Überwindung der Schwerkraft. Nichts Revolutionäres: Alles Vorhandene wurde mit leichter Hand entfremdet und erhöht. In seinem zeitlich so begrenzten Aufenthalt auf dieser Erde hat er die steifen zerebralen Mechanismen, die Sprachmittel seiner Epoche bis zum Zerbrechen gespannt und ihrem Ende nahegebracht, mit den feinsten, herbsten, tiefsten und höchsten Klängen, die ein menschliches Ohr vernommen hat, dem Leichtesten und Schwermütigsten – mit dem schweren, nachtstückehaften, süßen Wohllaut der Bläsersätze, mit unendlich feinem Muskelspiel der Streicher, den vollkommensten Vokalensembles, mit hellen triumphierenden Trompeten und Pauken. Was triumphiert? Das Leben über den Tod? Der Tod über das Leben? Es ist der antike Triumph der Schönheit über das Unzulängliche, da das Unerreichbare erreichbar wurde, Vollkommenheit sich über das Leben erhebt mit dem Flügelschlag des apollinischen Todes.“ Übrig bleibt das geistige Testament der „Zauberflöte“ …

 Programmtext: Kerstin Piribauer

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Wir wünschen Ihnen viel Freude beim  Konzert und kommen Sie gerne wieder!

Ihr Team des Konzerthaus Blaibach.

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